Neue Wohnungen? Nicht bei mir, aber bitte preiswert!

Wohnen

Grundsteinlegung für 153 Studentenwohnungen in Adlershof im Mai 2015

Drei Schlaglichter aus einer Woche Nachrichten: In Lichterfelde Süd macht ein Aktionsbündnis mobil. Es richtet sich gegen ein Wohnungsneubauvorhaben mit 2500 Wohnungen, Kitas, Schulen, Sportplätze und Einkaufsmöglichkeiten in Lichterfelde Süd. Es ist am Rande der Stadt auf einem ehemaligen Militärgelände geplant. In der Pankower Gethsemanekirche kommen 1000 Menschen zusammen, um bei einer Bürgerveranstaltung mit Senat und Bezirk über die Neubebauung eines Geländes um die Michelangelostraße zu diskutieren, aber eigentlich nur um dagegen zu protestieren. Hier sind mehr als 2700 Wohnungen, dazu Schule, Sportplatz, soziale Einrichtungen geplant. Und drittes Schlaglicht: die Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren für mehr bezahlbaren Wohnraum startet. Die Chancen für dieses Volksbegehren stehen sicher gut.

Erst auf den zweiten Blick fallen Widersprüche dieser drei Schlaglichter auf ein Thema auf. Fakt ist: Berlin wächst, immer mehr Menschen wollen Berlinerinnen und Berliner werden. Niemanden kann vorgeschrieben werden, wo er seinen Wohnsitz nehmen soll. Und Berlin ist im Trend. Die Menschen, Jung und Alt, ziehen hierher. Berlin muss sich darauf einstellen. Gleichzeitig steigen die Mieten. Der eine oder andere erinnert sich noch an den alten Grundsatz innerhalb der Marktwirtschaft: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Die Nachfrage nach Wohnraum in Berlin ist groß, leerstehende Wohnungen gibt es immer weniger auf dem Markt. Die Zeiten der vollen Schaukästen mit Wohnungsangeboten sind vorbei. Was liegt also näher als das Angebot an Wohnraum zu vergrößern, um auch den Mietenmarkt zu stabilisieren? Und da muss es auch aus einem ganz praktischen Grund „Nicht kleckern, sondern klotzen“ heißen: nur wenn großflächig von Investoren Wohnungsneubau geplant wird, kann baugesetzlich der Investor auch zu Kasse gebeten werden, wenn es um die Finanzierung der Wohnfolgeeinrichtungen geht: Kitas, Schulen, Sportplätze. Wenn nur Lücken mit 50 oder 100 Wohneinheiten geschlossen werden, dürfen baurechtlich die Investoren nicht zur Finanzierung herangezogen werden – die Bezirke bleiben dann auf den Folgen sitzen.

Es wird uns Berlinerinnen und Berlinern also gar nichts bringen, gegen nahezu jedes größere Bauvorhaben zu meckern oder ein Bürgerbegehren zu starten, um gleichzeitig über zu hohe Mieten zu wettern und vom Senat mehr Engagement gegen steigende Mieten zu verlangen. Doch genau diese Forderungen werden zwangsläufig immer lauter werden, wenn sich der Mietenmarkt überhaupt nicht entspannen kann, weil schon das Angebot nicht steigt, weil sich niemand mehr traut neu zu bauen. Das Volksbegehren Mietenvolksentscheid ist da auch keine Lösung. Die Ziele klingen zunächst populär: Mieten in öffentlich geförderten Objekten senken, Mieten am Einkommen orientieren, Ankauf von Sozialwohnungen, Umbau der städtischen Wohnungsgesellschaften. Die Kosten dieser neuen Wohnungspolitik werden sowohl von der Initiative als auch vom Senat in Milliardenhöhe für die ersten fünf Jahre angegeben, wobei noch gestritten wird, wie viele Milliarden. Milliarden – nicht Millionen – in Euro, und zwar Steuergeld der Berlinerinnen und Berliner. Das wird nicht aus der Portokasse zu leisten sein und folglich erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung der anderen Leistungen des Landes haben. Und im Ergebnis ist statt einer Stärkung eine Schwächung der städtischen Wohnungsgesellschaften zu erwarten, die sich in einem jahrelangen Umbauprozess in „Anstalten des öffentlichen Rechts“ befinden werden, während sofort neue und preiswerte Wohnungen gebaut werden müssten und gebraucht werden. Die privaten Investoren werden die Zeit jedenfalls nutzen und bauen, wo sie können. Sie werden dann wenigstens einen Beitrag zur Ausweitung des Angebots an Wohnungen leisten - hoffentlich.

Ich denke, dass der Weg über die städtischen Wohnungsgesellschaften, aber auch über Wohnungsbaugenossenschaften neue Wohnungen in Größenordnungen zu errichten, der richtige ist. Dabei müssen die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig eingebunden werden, denn viele Fragen sind ja berechtigt: Wie ist die verkehrliche Erschließung? Bewältigt der ÖPNV eine neue Wohnanlage? Gibt es genügend Kita- und Schulplätze etc. Mit Informationsoffensiven, aber auch mit offenen Investoren, die auch bereit sind, Planungen nach Bürgerwünschen anzupassen, müssen wir mehr Akzeptanz schaffen. Am Ende hilft es niemanden weiter, immer nur „Nein“ zu sagen, denn viele Menschen sagen „Ja“ zu Berlin und ihnen sollten wir auch ermöglichen, bezahlbar eine Wohnung in einer neuen Heimat Berlin zu bekommen.